Ausstellung „Fragile Träume“ im Stadthaus Ulm
Seit dem 10. März kann man im Stadthaus Ulm die Fotografieausstellung „Fragile Träume: Fotografien aus dem Orient“ von Katharina Eglau besuchen.
Die Ausstellung läuft bis zum 16. Juni 2024
Mit der Kamera in der Hand geboren - so kann man die Berliner Fotografin Katharina Eglau beschreiben. Mit 14 Jahren schnappt sie sich die Agfa Optima von ihrem Vater und beginnt ihre alltäglichen Eindrücke einzufangen. Neben ihrer Tätigkeit als Fotografin bei unter anderen der Berliner Tageszeitung und dem Berliner Tagesspiegel unterrichtet sie als Dozentin der Architekturfotografie an der Technischen Fachhochschule Berlin. Seit 2008 fokussiert sich Eglau auf Fotografien des Nahen Ostens. Mit ihrem Mann lebt sie über 13 Jahre in Kairo und Tunis. Nach dem Tod ihres Mannes zieht Eglau 2021 wieder nach Berlin.
Am 7. März begebe ich mich zum Presserundgang ins Stadthaus Ulm. Sobald man die Treppe hochkommt, stößt man auf ein Fahnenbanner, der den Blick aus einem Haus auf die Maschrabiyya zeigt. Maschrabiyya sind dekorative Holzgitter, die in traditionell islamischer Architektur als Blickschutz dienen. Dieses Foto symbolisiert für mich, was die ganze Ausstellung zeigt: Einen (Ein)blick. Einen Einblick in Themen, die alle Menschen betreffen, die menschen- und freiheitsliebend sind.
Hinter dem Fahnenbanner findet sich ein zweites Banner links. Das Foto zeigt die Turmvorsprünge der Moschee al-Muayyad in Kairo. Wenn man seinen Blick weiter nach oben wandern lässt, blickt man aus dem Fenster auf das Ulmer Münster. Die Kuratorin Kathrin Stern erzählt mir, dass das die Idee ihrer Konzeption war: die Ähnlichkeit und Gegenüberstellung dieser beiden Türme.
Auf der rechten Seite befindet sich ein drittes Fahnenbanner, der grün-rote Gebetskappen von Sufis in Khartum zeigt. Lässt man seinen Blick weiter schweifen entdeckt man direkt dahinter den Bereich der Religiösen Feste und findet die Farben grün und rot wieder. Ich bin begeistert von unbewussten Wahrnehmung und sehr bewussten Leitung meiner Wahrnehmung durch die Kuration.
Die Leiterin des Stadthaus Ulm, Karla Nierrad, führt uns zu Beginn in die Konzeption der Ausstellung ein, die sie zusammen mit Kathrin Stern kuratiert hat. Zusammen überlegten sie, worauf sie den Fokus setzen möchten, während sie mehrere hunderte Fotografien von Eglau sichteten. Schlussendlich legen sie sich, zusammen mit Eglau, auf drei Thematiken fest.
Couragierte Frauen
Der Bereich „Couragierte Frauen“ zeigt Frauen, die kämpfen. Für Selbstbestimmung, für ihre Rechte und die aller Menschen und vor allem für ihre Freiheit. Eglau erzählt von den Frauen, die sie getroffen und fotografiert hat. Unter ihnen die Menschenrechtsaktivistin und Journalistin Tawakkol Karman aus Jemen. Sie ist Politikwissenschaftlerin und Gründerin von der Organisation „Journalistinnen ohne Ketten“, welche 2005 gegründet wird. Die Non-Profit-Organisation ermöglicht Menschen – insbesondere Frauen – das journalistische Handwerk zu erlernen, um sich bei öffentlichen Debatten beteiligen und einmischen zu können.
2011 wird sie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet „für ihren gewaltlosen Kampf für die Sicherheit der Frauen und für das Recht der Frauen zur vollen Teilnahme an friedensschaffender Arbeit“.
Neben Karman finden sich Fotos von der Künstlerin Naja Shams aus dem Iran, der Künstlerin Maha Malluh aus Saudi-Arabien, Chefredakteurin Somayya Jabarti aus Saudi-Arabien, Aktivistin Aziza al-Yousef aus Saudi-Arabien und Radiomoderatorin Amani El Tunsi aus Ägypten.
Religiöse Feste
Dieser Themenbereich zeigt die Vielfalt von religiösen Festen. Unter anderem das schiitische Aschura-Fest. Im Hidschri-Kalender ist der zehnte Tag des Monats Muharram der Aschura-Tag. An diesem Tag wird um Al-Husain ibn' Alī getrauert, dem Enkel des islamischen Propheten Mohammed. Während der Trauerzeremonie wird sein Tod durch eine Puppe nachgespielt. Das Ritual wird zelebriert durch einen Schnitt oberhalb der Stirn der Männer. Das Blut dient als Opfer und Gedenken an Al-Husain ibn' Alī.
Weitere Fotografien zeigen Menschen beim Ramadan in Ägypten, das La-Ghriba Fest in Tunesien und weitere.
Wasser und Dürre
Dieser Bereich ist angesichts des Klimawandels und der Klimakrise ergreifend. Eglau sagt, dass uns Menschen in Europa nicht bewusst ist, wie der Klimawandel schon dazu beiträgt, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Sie spricht vom Sudan, der trotz seines eigentlich reichhaltigen Nils, sehr arm ist und keine gut funktionierende Landwirtschaft besitzt. Ägypten bezieht 90% seines Wassers aus dem Nil, welcher durch die ansteigende Hitze und Frostwellen immer wieder strapaziert wird. Die Fotografien zeigen unter anderem die Auswirkungen von extremer Dürre, junge Männer beim Goldschürfen und Fellachen (aus dem Arabischen stammend Pflüger), die mit traditionellen Geräten arbeiten.
Die Fotografien von Katharina Eglau werden unterstützt von sich neben den Fotografien befindenden QR Codes, die die Besucher*innen einscannen können und sich Reportagen von Martin Gehlen anhören können. Diese Möglichkeit gibt Kontext. Kontext, der wichtig ist, um ein Foto in seinem ganzen Ausmaß zu sehen, fühlen und zu verstehen.
Ich lege diese Ausstellung wirklich jeder Person ans Herz. In Zeiten des Nahost-Konfliktes, des Klimawandels und dem ständigen Kampf von Frauen für gleiche Rechte ist die Ausstellung wichtig, ermahnend und aufweckend.
Weitere Infos findet ihr unter https://stadthaus.ulm.de/fragile-traeume-fotografien-aus-dem-orient-von-katharina-eglau
Dieser Blogeintrag liegt der Ausstellung „Fragile Träume: Fotografien aus dem Orient“ von Katharina Eglau, dem Pressematerial vom Stadthaus Ulm und meiner eigenen Recherche zugrunde.